Möchte man ernstlich den Versuch unternehmen, trotz des in unserer Zeit vorherrschendem Kapitalismus und dessen brutaler Funktionalität und Ergebnisorientiertheit anthropologische Studien zu treiben, kommt man um Theorien wie die Psychoanalyse und den Marxismus nicht herum. Diese beiden Ansätze, welche hauptsächlich die Inspirationsquellen der kritischen Theorie der Frankfurter Schule bilden, ist es einmal mehr um den Menschen als um Profit und Kapital gelegen. –
Aus der Perspektive einer emanzipatorischen Gesellschaftskritik erscheint der psychoanalytische Ansatz als Politikum: Nicht Passivität auf Seiten des Patienten einerseits, Herrschaft seitens Therapeuten andererseits ist sein Ziel, sondern vielmehr eine durch Kooperation von Therapeut und Klient sich entfaltende Autonomie des Klienten, anstelle einer Unterwerfung unter das Menschenbild des angeblich »Gesunden« des Therapeuten.
Selbst wenn ein durch den Kapitalismus forciertes finanzielles »Auskommen«, eine als Schein sich erweisende Autarkie zum Ziel als wohlfeiles existentialistisches Argument uns erscheint, sollte keinesfalls aus dem Blick geraten, in was für einer Gesellschaft und -sform zu leben erstrebenswert ist und sich für den authentischen Menschen lohnt: War es in Zeiten der Aufklärung und der Romantik (Goethe und Schiller) noch ein produktiver Geist, welcher zu Neuem aufzurufen imstande war, so war Ende der sechziger Jahre immerhin noch für – zwar destruktive – aber wenigstens reflektierende Reflexion und Kritik Raum…. –
Und heute? – Armes reiches Deutschland!
»Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet gross und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein.«
(J.W. Goethe, Osterspaziergang)